In den USA wurden vor einigen Tagen die Silicon Valley Bank (SVB), immerhin von der Größe her die # 16 in den USA, und kurz darauf die Signature Bank, eine Regionalbank, aber ähnlich wie die SVB auf zunehmend schwächeres Spezialkreditgeschäft ausgerichtet, von der US Einlagensicherung geschlossen. Dies erfolgte, nachdem die Einleger begannen, in immer größerem Stil ihre Gelder abzuziehen und bei größerer Sicherheit auch höhere Renditen bietende (Staats) Anleihen oder Fonds umzuschichten.
Zwar erhielten beide Banken noch kurz zuvor uneingeschränkte Bilanz-Testate von der KPMG. Jedoch erkannten einige Beobachter erkannten zurecht, dass die Banken vor dem Hintergrund des deutlich gestiegenen Zinsniveaus über immer größere Zinsrisiken aufgebaut hatten, und veröffentlichten ihre Bedenken in den sozialen Medien, die dann die ihnen eigenen Multiplikatoreffekte entwickelten. Um diese Dynamiken nicht zu einer unkontrollierbaren Systemkrise auswachsen zu lassen, hoben die US-Behörden die Grenze für die Einlagensicherung von 250 TUSD kurzerhand und historisch einmalig auf.
Im Zuge der erhöhten Alarmstimmung unter den Anlegern kam es auch in Europa zum Abzug von Einlagen, unter denen insbesondere angeschlagene Finanzinstitute zu leiden hatten. Vor diesem Hintergrund kam es am letzten Wochenende in der Schweiz zu einer gemeinsam von Zentralbank, Bankenaufsicht und Regierung orchestrierten und umfänglich subventionierten Not-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS.
Die Credit Suisse war in den letzten Jahren in mehrere Skandale mit komplexen Finanzprodukten (u.a. als wesentliche Partei beim Bankrott aber auch anschließendem Insolvenzverfahren Greensill-Bank AG, von der auch viele deutsche Kommunen betroffen waren und weiterhin sind) verwickelt. Obwohl ihre Bilanzkennzahlen einen ausreichenden Puffer zu den regulatorischen Mindestvorgaben erfüllten und im reinen Kennzahlenvergleich dem Durchschnitt europäischer Banken entsprachen, kam es auch bei ihr nach Medienmeldungen zum Ausbleiben weiterer Kapitalstärkung zu erheblichen Mittelabflüssen. Dieser bedrohliche „Blutverlust“ konnte letztendlich auch nicht durch eine zwischenzeitlich ungewöhnlich schnell und umfänglich bereitgestellte Kreditfazilität der Schweizer Zentralbank gestoppt werden.
Im Zuge der „staats-moderierten und -subventionierten“ Übernahme durch die UBS kann es bei der Credit Suisse zu einem Totalausfall bei Eigenkapital-ergänzenden nachrangigen Anleihen (sogenannte AT1-Bonds), obwohl die Aktionäre der Credit Suisse noch marginale Entschädigungszahlungen erhielten.
Diese Umkehr der regulatorisch vorgegebenen Haftungsreihenfolge ist bisher einmalig, steht im krassen Gegensatz der in Basel[!] vereinbarten internationalen Aufsichtsgrundsätze und ruft nach einer juristischen Aufarbeitung. Es ist nicht auszuschließen, dass nur aus Rücksicht auf ausländische Großaktionäre, die gleichzeitig große Vermögen vom Schweizer Bankensystem verwalten lassen, letzt-rangige Kapitalgeber bevorzug wurden. Zudem wäre eine staatsbegleitete Übernahme durch die UBS unter Berücksichtigung der maßgeblichen EU-Kartellrechts- und Beihilfevorschriften kaum vorstellbar und genehmigungsfähig gewesen.
Europäische Finanzinstitute stehen unter analogen Marktentwicklungen vor den gleichen Herausforderungen, wie US-Banken. Auch Versicherungen und Pensionsfonds, die sich der Niedrigzinsphase, zusätzlich durch die EZB motiviert, mit langlaufenden Anleihen eingedeckt haben, können diese aktuell nur mit hohen Abschlägen liquidieren. Bei Schieflagen von Finanzinstituten verfügt die nationale Bankenaufsicht durch die zwingende Berücksichtigung des EU-Rechtsrahmens nicht annähernd über Handlungsfreiheit, der sich jetzt die US- und Schweizer Staatsinstanzen bedient haben.